Eignen sich PopIts zum Lernen?

Eignen sich PopIts zum Lernen?

Steigen in dir in den letzten Monaten auch verstecke Aggressionen auf, weil dein Kind ein konstantes „Plob Plob“ von sich gibt? Dann ist der Trend der PopIts auch an dir nicht vorbeigegangen. Jetzt stellt sich aber natürlich die Frage, ob diese und andere trendige Hilfsmittel wirklich als Konzentrationshilfen geeignet sind. Diese Frage möchte ich in diesem Beitrag etwas näher beleuchten.

Was sind eigentlich Fidget Toys?

Das PopIt gibt es eigentlich schon seit 1975, aber so richtig in den Kinder- und Klassenzimmern ist es erst 2021 angekommen. TikTok hat`s geschafft!

Sie zählen, wie auch ihre Vorgänger, die Fidget Spinner, zu der großen Gruppe der Fidget Toys. Fidget bedeutet soviel wie „herumzappeln“, wir hier in Rheinland-Pfalz würden es wohl mit „fuddeln“ übersetzen. Schreib doch mal in die Kommentare, welchen Ausdruck ihr in eurer Region für das Herumspielen mit kleinen Gegenständen habt.

Fidget Toys gab es aber auch schon lange bevor sie diesen trendigen Namen bekommen haben. Haare zwirbeln, Kulliklicken, Handschmeichler und sogar Kaugummis fallen in diese Kategorie. Irgendetwas davon hat dich sicher auch durch deine Schulzeit begleitet.

Fidget Toys werden im therapeutischen Bereich (z.B bei Autismus) schon lange genutzt. Sie dienen dort zur Beruhigung, da sie parallel zur eigentlichen Aufgabe für eine konstante Stimulation sorgen.

Was sollen sie bewirken?

Hier möchte ich erwähnen, dass es keine klaren Ergebnisse aus wissenschaftlicher Sicht gibt. Aber die Erkenntnisse, die man bisher gewinnen konnte, möchte ich dir vorstellen. Dabei teile ich die Wirkung in zwei Bereiche auf: Fokus (Konzentration) und Beruhigung.

Hilfe beim Fokussieren

Der taktile (was wir fühlen) Input durch das Hilfsmittel kann eine meditative Wirkung haben. Durch die Stimulation dieses oft vernachlässigten Sinns, können andere Störquellen ausgeblendet und die Konzentration gebündelt werden. (Siehe auch meinen Beitrag zur sensorischen Integration)

Hilfe bei Aufregung und Angst

Die Emotionsregulation ist eine der exekutiven Funktionen, die vor allem bei Kindern mit Konzentrationsproblemen noch nicht ausreichend entwickelt ist. Aber auch bei Kindern, die keine bekannten Lernprobleme haben, sind Angst und Stress im Lernalltag leider öfter ein Begleiter. Schon langes ruhiges Sitzen kann enormen Stress auslösen. Diese negative Energie kann durch die Bewegung der Hände sozusagen „abfließen“. Kinder verschaffen sich diese Abhilfe oft auch selbst indem sie anfangen zu „fuddeln“. In ungünstiger Ausprägung werden auch mal Haare ausgerissen oder es wird sich gekratzt.

Bei Angst wirkt die Fokussierung der Sinne (Fühlen und eventuell auch sehen und hören) auf das Fidget Toy als Ablenkung von den angstmachenden Gedanken. Hier erkennen wir, wie schon oben erwähnt, die Nähe zu Meditationspraktiken.

Welche Probleme gibt es bei der Verwendung von PopIts?

Das Hauptproblem ist, dass PopIts selbst ablenken. Wenn die Gedanken auf das Spielzeug fixiert sind, können sie nicht mehr beim Schulstoff sein. Dieser Wechsel des Fokus von dem Hilfsmittel auf den Stoff gelingt nicht immer und erfordert Training. Dieser Effekt tritt beim PopIt und auch beim Fidget Spinner verstärkt auf, da nicht nur der Tastsinn genutzt wird, sondern auch noch das Hören und Sehen mit einbezogen sind.

Ein weiterer Punkt ist, dass Fidget Toys nicht dem traditionellen Verhalten in der Schule entsprechen und dort nicht unbedingt gerne gesehen werden. Geht ein Kind allerdings im normalen Unterricht regelmäßig über Tisch und Bänke, ist es der Lehrkraft wahrscheinlich lieber, diese Energie entlädt sich in einem Fidget Toy.

Und ein ganz wichtiger Punkt: Gerade Fidget Toys, die Geräusche machen lenken auch andere mit ab! Ich zum Beispiel werde wahnsinnig, wenn meine Kinder bei der Autofahrt ihre PopIts benutzen. Dies muss bei geteilten Lernumgebungen immer berücksichtigt werden.

Wie können sie dennoch eingesetzt werden?

PopIts selbst sind meiner Meinung nach nicht geeignet, um die Konzentration während einer Aufgabe zu steigern. Dazu spricht das PopIt nämlich zu viele Sinne an. Der Fokus wäre dann komplett bei dem Spielzeug und müsste dann auf die Aufgabe gelenkt werden. Dieser Prozess kann zwar trainiert werden, aber das ist nicht in wenigen Tagen erledigt. Für diesen Fall würde ich ein Fidget Toy empfehlen, das nur den Tastsinn anspricht. Ein einfacher Handschmeichler zum Beispiel.

Aber drei gute Einsatzbereiche gibt es auch für die PopIts

Zur Beruhigung

Der Nachteil des ungeteilten Fokus ist gleichzeitig ein Vorteil, wenn wir den Schüler/die Schülerin von Stress, Angst und Gedankenwandern ablenken wollen. Soll nach dieser Beruhigungsphase zur Aufgabe zurückgekehrt werden, stellt man am besten einen Timer.

Als Pause

Zwischen Lernpassagen müssen Schüler oft kurz Energie sammeln. Dies muss nicht jedesmal ein große Pause sein. Gerade bei ADHS-Kindern ist eine kurze Runde PopIt zwischen einzelnen Lernabschnitten sehr motivationsfördernd.

Einfach nur als Spiel

PopIts sehen toll aus und machen Spaß. Manchmal muss ein Spielzeug keinen Sinn machen! Auch einfach Spaß haben hat seine Berechtigung.

Hier noch zwei Ideen, wie PopIts das Lernen interessanter machen können (vor allem wenn dein Kind noch in der Phase Spaß steckt):

  • Lernt zusammen Mathe:

Matheaufgaben im kleinen Zahlenbereich können super mit PopIts dargestellt werden. 3+4 bedeutet einfach 3 Löcher umstülpen und 4 Löcher umstülpen und dann zählen, wieviele es insgesamt sind.

  • Lernt ein Gedicht auswendig:

Um beim Auswendiglernen zu kontrollieren, ob auch wirklich alles sitzt, könnt ihr folgendes System ausprobieren:

Stülpt so viele Löcher um, wie das Gedicht Wörter hat. (Ganz toll wäre natürlich, wenn dein PopIt die Struktur des Gedichts hätte. Also so viele Reihen, wie das Gedicht Zeilen hat und pro Reihe so viele Löcher, wie das Gedicht Wörter. Aber das muss natürlich nicht sein.)

Jetzt trägt dein Kind sein Gedicht vor und für jedes richtige Wort stülpst du einmal um. Am Ende seht ihr auf einen Blick, wieviele Wörter richtig waren.


Auf eine sinnvolle Lernzukunft!

Deine Claudia.

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