Der Schulstart nähert sich mit großen Schritten und du fragst dich, wie du deinem Kind helfen kannst, bei unliebsamen Fächern nicht gleich die Flinte ins Korn zu werfen? Dann stelle ich dir hier eine etwas unkonventionelle Methode vor, Spaß an Dingen zu haben, die eigentlich keinen Spaß machen.
Ich möchte dir gerne Peter vorstellen. Peter liebt Kunst und hasst Mathe. Wenn er schon sein Mathebuch aus dem Schulranzen holt, um die Hausaufgaben zu machen, ist es vorbei mit der guten Laune. Im Moment steht er auf einer 5 und seine Versetzung ist gefährdet. Er müsste sich also wirklich mit Mathe auseinandersetzen. Das Problem ist nur: Zehn Minuten Mathe sind für ihn schlimmer als eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt.
Aber Peter wird jetzt eine Methode von mir lernen, wie er das tägliche Matheüben nicht nur ertragen kann, sondern es ihm sogar Spaß macht!
Vorher möchte ich dich noch einmal kurz ein das Motivationssystem erinnern, mit dem ich arbeite. Peter ist schon soweit, dass man die Phase Sinn einleiten kann. Dazu mehr im ersten Schritt. Genau an diesem Punkt macht diese Methode auch Sinn! Ist dein Kind noch komplett in der Phase Spaß, wirst du Wege finden müssen, die Aufgabe so umzuwandeln, dass das Bearbeiten im Spaßbereich deines Kindes liegt. Aber auch dazu kann dir dieser Beitrag Anregungen geben. Verstehst du jetzt nur Bahnhof, lies doch bitte zuerst meinen Beitrag zum Motivationssystem.
Peter`s Mama hat fleißig ein Talenttagebuch geführt und zusammen haben sie ein tolles Plakat gestaltet, wie sich Peter seine Zukunft vorstellen würde. Er möchte Künstler werden, der von seinen Werken leben kann. Dazu möchte er gerne Kunst studieren, was wiederum bedeutet, dass er sein Abitur machen muss.
Jetzt kommt Mathe ins Spiel und Peter muss kreativ werden. Wie kann man Mathe mit seiner Vision verknüpfen? Peter recherchiert ein bisschen und stößt auf den
Ted-Talk von Michael Naylor („Art inspired by mathematics“/ „Kunst von Mathematik inspiriert“).
Kleiner Tipp: Normalerweise hast du bei YouTube die Möglichkeit, dir die Videos auf Deutsch übersetzen zu lassen. Ich versuche zwar immer, deutsche Beispiele zu finden, aber international gibt es einfach viel mehr Schätze...
Daraus bastelt er seine Arbeitsvision: Er ist ein berühmter Künstler, der aus Mathe Kunst macht. Insbesondere lässt er sich von Schülern Matheaufgaben schicken, die er löst und daraus kreativ Kunstwerke entwickelt! Diesen Prozess filmt er und hat eine große Fangemeinde, die sich um die fertigen Werke reißt!
Nachdem diese Vorarbeit geleistet ist (diese muss Peter auch nur einmal machen, er hat jetzt ja seine Arbeitsvision), kann es an die Mathehausaufgaben gehen. Und jetzt kommt es darauf an, dem eigenen Körper glaubwürdig diese Vision vorzuspielen (wie beim richtigen Rollenspiel eben!).
Dazu ist die Körperhaltung ganz wichtig: Aufrecht mit erhobenem Kinn, damit Peter sich selbstbewusst fühlt und ein Lächeln auf den Lippen und vielleicht ein motiviertes Tänzchen an den Schreibtisch um dem Kopf mitzuteilen, dass er gerade Spaß hat.
Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber die Psychologin Amy Cuddy hat in Studien bewiesen, dass unsere Körperhaltung unsere Stimmung beeinflusst. Auch hier kannst du dir gerne ihren Ted-Talk ansehen:
Amy Cuddy: „Fake it till you make it“
Während Peter jetzt die Matheaufgaben löst, versucht er Muster zu erkennen, die dann zu Kunst werden. Das muss nicht in echt geschehen! Wenn er früher Arzt gespielt hat, musste er ja auch nicht echt operieren! Es reicht schon die Ergebnisse auf ein extra Blatt zu schreiben und daraus ein Bild zu machen! Auf die Geschichte im Kopf kommt es an!
Direkt nach Mathe belohnt sich Peter mit seinem Spaßbereich. Entweder kann wirklich das Kunstwerk aus Schritt 2 beendet werden oder Peter arbeitet ein einem anderen Kunstprojekt weiter, das nichts mit Mathe zu tun hat. Wichtig ist, dass die Belohnung aus dem kombinierten Bereich kommt. So können wir das Gehirn dazu bringen, dass immer wenn die unbeliebten Mathe-Synapsen feuern gleichzeitig die Kunst-Synapsen wach werden. Schlechte Laune trifft also automatisch Spaß und mit der Umpolung durch unsere Methode wird die schlechte Laune auch immer weniger. Und irgendwann reagiert der Körper mit Freude auf den Anblick des Mathehefts und Peter wird sich kneifen müssen, weil er es gar nicht glauben kann.
Diese Methode ist sehr zeitaufwendig und verbraucht viel Energie. Sie sollte wirklich nur genutzt werden, wenn dein Kind wirklich will, aber es einfach nicht umgesetzt bekommt. Dies ist meistens der Fall, wenn die Exekutiven Funktionen noch nicht so ausgeprägt sind, dass anstrengende Aufgaben durch Willenskraft alleine angepackt werden können.
Außerdem trifft diese Phase (Übergang von Spaß zu Sinn) meistens mit der Vorpubertät zusammen. Es kann also sein, dass es Peter ziemlich peinlich ist zu „spielen“. Das machen doch nur die kleinen Kinder! Es hilft ihm sicher, wenn er erfährt, dass auch ganz berühmte Leute mit Visualisieren und Rollenspielen ihrem Erfolg auf die Sprünge helfen. Und dann sollte er das Spiel natürlich auch ganz privat und ohne Aufsicht durchführen können.
Ich hoffe du und dein Kind gebt dieser Methode eine Chance! Und vielleicht hast du ja Lust mir und den anderen Lesern in den Kommentaren mitzuteilen, was für interessante Schnittstellen ihr entwickelt habt!
Auf eine sinnvolle Lernzukunft!
Deine Claudia
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