Raufst du dir auch ständig die Haare und fragst dich, wie du dein Kind zum Lernen bewegen kannst?
Und hat deine Freundin die ultimative Methode ihr Kind zum Lernen zu bewegen, aber bei deinem Kind funktioniert sie einfach überhaupt nicht?
Dann lade ich dich heute auf eine kleine Reise durch die Welt der Motivation ein.
Von intrinsischer und extrinsicher Motivation hast du ja sicher schon gehört. Intrinsisch bedeutet ich tue etwas, weil es mir Spaß macht und extrinsisch bedeutet, etwas motiviert von außen (also Zwang oder auch eine Belohnung). Intrinsische wird weithin als die „gute“ Motivation gesehen, extrinsische als die „schlechte“ (die komischerweise aber trotzdem sehr gerne eingesetzt wird...).
Diese Unterscheidung ist jedoch durchaus veraltet. Darum möchte ich dir hier eine aktuellere Version vorstellen. Die folgende Einteilung wurde von Richard M. Ryan und Edward L. Deci (den Urhebern der Selbstbestimmungstheorie) erstellt.
Grob teilen wir in zwei Motivationsarten: autonom (das ist die „gute“) und nicht-autonom (die „schlechte“).
Zu den autonomen (also selbstbestimmten) Motivationsarten gehören:
Und folgende extrinsische Motivationsarten:
Zu den nicht-autonomen (also nicht selbstbestimmten) Motivationsarten gehören die restlichen extrinsichen:
Bevor du dein Kind richtig unterstützen kannst, musst du herausfinden, in welchem Motivationszustand es sich eigentlich befindet.
Dazu gib ihm folgende vier Aussagen (in der Klammer habe ich für dich die Motivationsart dazugeschrieben):
Ich lerne weil:
Lass dein Kind jetzt für jedes Schulfach bestimmen, welcher Satz am ehesten stimmt (gern können auch zwei ausgewählt werden).
Jetzt weißt du, wo dein Kind steht und wir können es abholen.
Ein wichtiger Anhaltspunkt, wo du dein Kind abholen kannst, ist sein Alter. Hier findest du eine Übersicht über die Lernstufen und die Motivationsphasen. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass dein Kind die Phase „Sinn“ noch gar nicht erreicht hat. Das bedeutet, du könntest es nur mit intrinsischer Motivation (oder halt externer Regulation (Belohnung/Strafe)) abholen. Aber Schulstoff, der meistens so gar nicht den Spaßfaktor deines Kindes erhöht ist eher ungeeignet für intrinsische Motivation. Trotzdem gibt es ein paar Dinge, die du doch versuchen kannst:
Deci und Ryan haben nicht nur die Motivationsarten neu definiert, sie haben auch herausgefunden, dass Menschen drei psychologische Grundbedürfnisse haben: Kompetenz, Verbundenheit und Autonomie. Idealerweise sollten alle drei Bedürfnisse erfüllt sein, aber jeder Mensch (und somit auch dein Kind) hat eine Gewichtung, welche Bedürfnisse wichtiger sind. Aber lass mich die drei Basisbedürfnisse erst einmal vorstellen:
Kompetenz ist das Gefühl, einer Aufgabe gewachsen zu sein. Um dieses Gefühl haben zu können, muss dein Kind erst einmal die grundlegende Einstellung haben, dass selbst schwierige Dinge „schaffbar“ sind (siehe meinen Beitrag zur Einstellung).
Ist diese Voraussetzung geschaffen, helfen dir folgende Tipps:
Kinder, die sehr empfänglich für dieses Bedürfniss sind, wollen oft besser als andere sein und lassen sich über Wettbewerb und Vergleich motivieren. Sie leben oft von Lob und guten Noten. Wie die Leistung erbracht wird ist dann ganz egal. Hauptsache man „gewinnt“. Das dies auf dem weiteren Lebensweg, der für jeden auch einmal Rückschläge bereithält, kompliziert werden kann, brauche ich wohl nicht weiter auszuführen.
Das Bedürfnis nach Autonomie ist erfüllt, wenn dein Kind das Gefühl hat, selbst über sein Leben bestimmen zu können. Dies hat nichts mit „ich darf immer machen, was ich will“ und einem Fehlen jeglicher Erziehung zu tun! Aber es hat etwas damit zu tun, dass dein Kind (dem Alter entsprechend) Mitspracherecht hat und nicht einfach eine Marionette (der Schule) ist.
Autonomie kannst du erzeugen:
Kinder, die sehr auf den Bereich Autonomie ansprechen, reagieren oft sehr bockig auf Belohnung und Strafe. Oft hilft es, ihnen das Gefühl zu vermitteln, es wäre ihre Entscheidung etwas zu tun. Die Gefahr im Bereich Autonomie ist, dass sie zu einem Bedürfnis nach Macht wird. Stichwort „Tyrann“. Autonomie bedeutet nicht, nur Spaß zu haben und über Leichen gehen zu dürfen. Die Fähigkeit, sich auch mal ein bisschen zu „quälen“ und die eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen sollte im Auge behalten werden.
Verbundenheit ist das Bedürfnis nach dem Eingebundensein in ein soziales Umfeld (Familie, Freunde, Klasse...).
Tipps um Verbundenheit zu erzeugen:
Kinder, denen Verbundenheit sehr wichtig ist, laufen gerne Gefahr, introjiziert motiviert zu sein. Sie tuen alles, um andere stolz zu machen. Dies kann aber schnell zu Überforderung und Schulangst führen, obwohl nach außen alles super aussieht!
Wie du sicher schon herausgelesen hast, ist es relativ einfach, dein Kind zum Lernen zu bewegen, wenn du weißt wie es tickt.
„Ach, ich bin immer so stolz, wenn du jeden Abend lernst“
„Du willst doch wieder der Klassenbeste sein, oder?“
Sicher, geschickt angewendet wird dein Kind so regelmäßig gute Noten mit nach Hause bringen. Ja, es wäre dann zwar nicht autonom motiviert, aber wenn die Ergebnisse stimmen, ist das denn so schlimm?
Nun, die nicht-autonomen Motivationsarten festigen sich leider ziemlich schnell. Und langfristig sind sie bekannt dafür, unglückliche und kranke Menschen zu erzeugen. Ich gebe nur die Stichwörter Depression und Angst. Längst sind dies leider keine Phänomene der Erwachsenenwelt mehr, sondern betreffen schon Grundschüler...
Außerdem führen sie zu einem sehr ergebnisorientiertem Lernstil. Das Gelernte selbst wird ziemlich schnell wieder verworfen, wenn das gewünscht Ergebnis „abgeholt“ wurde.
Autonome Motivationsformen führen jedoch zu
Ich weiß jedoch, wie schwierig es ist, geduldig zu warten, bis dein Kind reif genug für die Phase „Sinn“ ist. Oft bleibt dir nichts anderes übrig, wie ein paar schlechte „Tricks“ anzuwenden (z.B. Wochenpläne mit Belohnungen). Wichtig ist jedoch, dass dein Ziel ist, diese so schnell wie möglich in bessere Lernformen umzuwandeln, die die Basisbedürfnisse besser unterstützen und so zu autonomen Motivationsformen führen. Dies mag anstrengender und langwieriger sein, zahlt sich aber später aus!
Auf eine sinnvolle Lernzukunft!
Deine Claudia
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