Wer mich schon länger kennt, weiß, dass ich das Lernen liebe. Und dass ich der Meinung bin, unser aktuelles Schulsystem passt nicht mehr, um unseren Kindern zu zeigen, wie sie ihr Potenzial ausschöpfen können, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Und die aktuelle Krise zeigt dies leider nur zu deutlich...
Die meisten von uns sind aktuell ziemlich froh, dass unsere Kinder wieder regelmäßig in die Schule gehen können. Allerdings liegt die Angst in der Luft, dass diese schon bald wieder geschlossen werden könnten. Und das bedeutet für viele Schulen: Noten produzieren so schnell es nur geht. Da sind Sätze wie „Wir schreiben alle Arbeiten vor den Herbstferien, dann können die Schulen wieder schließen“ keine Seltenheit.
Man sagt ja, in Krisen zeigt sich der wahre Charakter. Und was gibt unser Schulsystem von sich Preis? Es ist überfordert. Klar, können wir alle verstehen, das sind wir auch in vielen Bereichen. Aber was ist die Reaktion darauf? Festklammern am Alten! Noten über alles. Was wäre denn so schlimm, wenn unsere Politik eine Lernausnahme ausrufen würde und eben mal eine Zeitlang wirklich das Lernen und nicht die Noten im Mittelpunkt stehen würden? Und vielleicht macht es auch keinen Sinn, den Lehrplan abzuarbeiten, wie dies die letzten Jahre getan wurde.
So bietet die Pandemie viele Lernbereiche an, die sinnvoll genutzt und als Projekte auch flexibel digital gestaltet werden könnten – und vor allem die Kinder mit ihren Emotionen und Fragen abholen würden!
Mir fallen da auf Anhieb gleich mehrere Bereiche ein, die zur Thematik passen:
Diese Liste lässt sich ins Unendliche fortsetzen. Und Grundlagen wie Mathe und Rechtschreibung lassen sich in jedem Thema verstecken!
Aber:
Mit einem situierten Ansatz lassen sich nicht in wenigen Wochen Zeugnisse produzieren. Und das ist ein Problem. Unser Schulsystem, das aus Zugangsberechtigungen durch verdiente Noten besteht, ist nämlich so tief verwurzelt, dass wir uns gar keine anderen Szenarien vorstellen können. Denn wie zum Teufel sollen wie ohne schön vorsortierte Schulabgänger nur Studien-und Ausbildungsplätze vergeben?
Aber die Hoffnung ist noch nicht ganz verloren. Innovative Firmen haben längst entdeckt, dass ein Schulzeugnis ziemlich wenig über die Person aussagt, die vor ihnen sitzt. Und auch andere Ansätze werden in vielen Bereichen erprobt.
Leider müssen alle diese Ansätze noch neben der traditionellen Abarbeitung des Lehrplans mit Noten und Zeugnissen ablaufen, sonst gebe es in Deutschland keine staatliche Anerkennung für diese Schulen. Und du dürfstest dein Kind dann auch nicht dorthin schicken (jedenfalls nicht als Ersatz für eine anerkannte Schule). Schulpflicht bedeutet hier nämlich die Pflicht dein Kind auf eine staatlich anerkannte Schule zu schicken (Einzelfälle natürlich ausgenommen).
Wo müsste also eine Veränderung anfangen?
Von „oben“ also von Seiten der Politik habe ich wenig Hoffnung. Dazu ist diese zu träge und das System zu fest verwurzelt. Außerdem sage ich jetzt mal ganz frech ist die Lobby einfach nicht einflussreich genug...
Womit wir auch gleich zur Wirtschaft kommen. Diese ist immer ein mächtiger Vorreiter. Wenn immer mehr Firmen Portfolios und praktische Erfahrungen verlangen, Zeugnisse dagegen gar nicht mehr sehen wollen, müssen sich Schulen zwangsweise darauf einstellen. Vielleicht fängst du ja mit deinem Betrieb an?
Und jeder Einzelne von uns hat mehr Macht und auch Verantwortung die Lernzukunft unserer Kinder zu gestalten als du vielleicht denkst. Natürlich kannst du dein Kind nicht einfach von der Schule nehmen und machen was du willst. Aber du kannst deinem Kind beibringen, die Schule als Werkzeug zu sehen um seinen eigenen Weg zu gehen (dazu gehört aktuell auch, sich die Noten abzuholen, die es für diesen Weg brauchen wird) und als Chance, sich in einem ausgesuchten Bereich zu vervollkommnen.
Denn Schule sollte deinem Kind „dienen“ (das heißt es bei seinem Weg unterstützen) und nicht andersherum. Und diese Einstellung (wenn du sie denn teilst), kannst du über viele Kanäle verbreiten. Als Elternsprecher, im Elterngespräch, beim Gespräch mit Freunden. Du weißt nie, wen deine Worte beeinflussen und was dadurch angestoßen wird.
Unsere Welt braucht individuelle Denker und keine Marionetten. Nur so können wir auch künftige globale Krisen meistern (und die werden kommen). Unsere Kinder werden mit einer immer komplexeren Welt zurechtkommen müssen. Und im Moment machen wir einen grottenschlechten Job sie darauf vorzubereiten.
Mit diesen Worten, die hoffentlich viele zum Nachdenken angeregt haben, wünsche ich dir und deiner Familie, dass ihr gesund und hoffnungsvoll durch diese Krise geht!
Auf eine tolle Lernzukunft!
Deine Claudia!
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